Korbach-Konzert


Samstag, 08. Oktober 2011 - Stadthalle Korbach

Spielfreude und Spannung bis zum letzten Takt.

Kammermusik in großer Besetzung mit dem "Arte Ensemble" im ersten Korbach-Konzert

VON BERND SCHLIETER

Korbach. Mit Kammermusik in großer Besetzung wurde die diesjährige Saison der Korbach-Konzerte eröffnet: mit Max Regers "Eine romantische Suite" op. 125 in einer Bearbeitung von Amold Schönberg und mit Anton Bruckners Sinfonie Nr. 7 in einer Bearbeitung des Komponisten Hans Eichler. des Dirigenten Karl Rankl und des Musikverlegers Erwin Stein, allesamt Studenten Schönbergs.

Musikalisch ein vielversprechender Einstieg In die Konzertsaison, vom Besucherintetesse her eine Enttäuschung. Und man muss sich um das Fortbestehen der Korbach-Konzerte ernsthaft Sorgen machen. Was haben der sonntägliche Gottesdienst und die Korbach-Konzerte gemeinsam", so "flüchtete sich ein bekümmener Musikfreund angesichts der vielen leeren Sitze in Galgenhumor. Antwort: "Es wird Großes verkündet, nur immer weniger wollen es hören."

Ein anderer besorgter Besucher, der es mehr mit den Zahlen hat, machte folgende Rechnung auf: "Heute Abend sitzen zehn Akteure auf der Bühne, 50 Zuhörer im Saal. Das macht fünf Zuhörer pro Musiker. Bei einem Klavierabend mit einem Pianisten kämen dann noch fünf Interessenten". Das war natürlich nicht ernst gemeint, aber Sorgen machen sollte man sich schon.

Bruckner entstellt

Dennoch, diejenigen, die gekommen waren, erlebten einen gelungenen Kammermusikabend; es war eine erfreuliche Begegnung mit zwei Werken zweier großer Komponisten und dem, was fähige Arrangeure daraus zu machen verstehen und die Begegnung mit einem kompetent und engagiert musizierenden Ensemble, das sich seine gewiss vorhandene Enttäuschung ob des geringen Zuspruchs nicht anmerken ließ, sondern offensichtlich alles daransetzte, diesen Abend zu einem nachhaltigen Erlebnis werden zu lassen - was den in der NDR Philharmonie beheimateten Musikern in überzeugender Weise gelang.

Bruckners Sinfonien sind für großes romantisches Orchester geschrieben. In der in Korbach gespielten Sinfonie Nr. 7 sind vom Komponisten sogar fünf Tuben vorgeschrieben. Darf man eine so gewaltige Panitur auf Wohnzimmergröße reduzieren? Man darf. Mögliche Zweifel an der Seriosität eines solchen Unternehmens ließen die zehn Musiker vom Arte Ensemble gar nicht erst aufkommen. Vieles war anders, aber alles war unverfälschter Bruckner. Vielleicht kann man sogar einen Schritt weiter gehen. Mit dem Verlust der romantischen Klanggewalt gewinnt man auf der anderen Seite eine durchaus erhellende Durchhörbarkeit: Kaum ein Sinfonieorchester mit gewaltigem Blechbläserapparat wird jemals diese Transparenz der Einzelstimmen erreichen, wie es ein Kammerensemble vermag. Und wenn wirklich etwas fehlte, gab es den Flügel und ein Harmonium, das sich vorzüglich in den Ensembleklang einfügte.

Romantischer Wohlklang

Bruckners Sinfonie ist ein "Brocken", besetzungsmäßig und auch in der Länge: mehr als eine Stunde beträgt die Spieldauer, eine Herausfordemng für Spieler und Zuhörer. Da können leicht Längen entstehen. Nicht so beim Arte Ensemble. Die Hannoveraner agierten mit so viel Spielfreude und Sensibilität, dass es bis zum letzten Takt spannend blieb. Ähnlich positiv lässt sich über die Interpretation von Max Regers "Eine romantische Suite" berichten. Reger galt seinen Zeitgenossen als gespaltene Persönlichkeit, er sei von bisweilen verletzender Aggressivität gewesen, von derber Grobheit, von wilden Ausbrüchen beherrscht. Friedlich ging es in seiner "Romantischen Suite" zu. Angeregt worden war er durch Gedichte von Joseph von Eichendorff, deren Texte er nicht vertonte, sondern deren Natur- und Nachtstimmungen er musikalisch erfasste. Romantischer Wohlklang pur. Uraufgeführt wurde dieses Werk am 9. Oktober. also fast auf den Tag genau vor 91 Jahren.

Für alle, die dieses denkwürdige Konzert versäumt haben: Es wurde in Flörsheim wiederholt und dort vom Hessischen Rundfunk mitgeschnitten und wird am Sonntag, 26. Februar, ab 20.05 Uhr auf hr2-kultur gesendet.

Quelle: WLZ vom 11. Oktober 2011


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