Donnerstag, 26. Oktober 2017 - Johannesgemeinde
Von Bernd Schlieter
Kammermusikabende sind in Korbach selten geworden. Vorbei sind wohl die Zeiten, als man sich für Duo- und Quartett-Abende zeitig um Karten bemühen musste, selbst bei Liederabenden die Stadthalle ausverkauft war und Zuhörer aus ganz Nordhessen und dem benachbarten Westfalen anreisten.
Der Musikgeschmack scheint sich geändert zu haben, Kammermusik ist kaum mehr gefragt. Populär sind heute Musical-Medleys, Filmmusiken und Programme mit Cross-Over. - Aber es gibt sie noch: Musikfreunde, die Spaß an Konzerten mit kleiner Besetzung und kleinem Rahmen haben, an Quartettabenden beispielsweise.
Und auch die gibt es noch: "Musizierer" oder "undilettantische Dilettanten", wie sie in einem Quartetthandbuch liebevoll genannt werden. Es sind Liebhaber, die ihrer Passion, dem Streichquartettspiel, ambitioniert frönen, mit fast professionellem Können.
Zu diesen gehören auch die Mitglieder des Giulin-Quartetts: Joachim Hamm, Christiana Nobach (Violinen), Joachim Pries (Viola) und Malte Meesmann (Violoncello). Sie trafen sich bei einem Kammermusik-Workshop und beschlossen, ein Quartett zu gründen. Ein Quartett mit Namen sollte es sein, denn schließlich wollte man auch auftreten.
Dem Quartett den Namen des Primarius zu geben oder es nach einem bedeutenden Komponisten zu nennen, so wie es in der großen Quartettwelt üblich ist, klingt zu professionell und könnte leicht als Hochstapelei ausgelegt werden. So machte man - aus einer Laune heraus - den Namen des Lieblingsweines der Vier ,nämlich "Giulin", ein edler Tropfen aus dem Piemont, zum Namensgeber ihres Ensembles. Und erlesen war auch das, was die rund 70 Zuhörer am Sonnabendabend im Benefizkonzert zugunsten des "Bürgerbündnisses für ein weltoffenes und tolerantes Korbach" geboten bekamen.
Ein Quartett von Joseph Haydn, dem Schöpfer der Gattung, gehört wohl in das Programm eines jeden respektablen Quartettabends. Für ihren Korbacher Auftritt hatten die Giulins das zweite der sogenannten Sonnenquartette (op.20,2) ausgewählt. Es ist ein Werk, in dem neben dem Primarius auch der Cellist dankbare Passagen zu spielen hat und in dem im letzten Satz Altmeister Haydn zeigt, dass er auch Fuge kann.
Gespannt war man auf das Hauptwerk des Abends, Robert Schumanns Opus 41,1, ein Quartett, um das Liebhaberensembles gerne einen Bogen machen und es nur ungern einem kritischen Publikum präsentieren. Bestens vorbereitet hatte sich das Giulin-Quartett auf diese Herausforderung. Da hatte man offensichtlich fleißig geübt, allein im stillen Kämmerlein, aber auch im tutti. Und das Ergebnis war die überzeugende Wiedergabe eines Werkes, das selbst der gefürchtete Kritiker Eduard Hanslick zu den "Perlen der Kammermusik aller Zeiten" rechnete.
Und auch über den klassischen, romantischen Tellerrand ließen die Giulins ihr Publikum einen kurzen Blick tun: "Summa", eine fünfminütige Komposition des Letten Arvo Pärt aus dem Jahre 1991. Es ist ein Werk, dessen "Komplexität sich hinter größter Einfachheit verbirgt", so der Komponist. Es sei das "strengstgebaute und verschlüsseltste Werk", von "Tiefenstrukturen" und "ständiger Veränderung" ist da die Rede. Das muss man nicht unbedingt verstehen. Aber entziehen kann man sich dieser Musik auch nicht.
Zum Schluss gab es viel Beifall, leider aber keine Zugabe.
Quelle: WLZ vom 26. Oktober 2017
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